Ludwigsburger Kreiszeitung
Schäfer bricht den Damm – beinahe
Der Neuanfang in der 2. Handball-Bundesliga wird für die SG BBM Bietigheim zur unerwarteten Gedulds- und Nagelprobe. Der Bundesliga-Absteiger verlor auch sein zweites Saisonspiel gegen den abwehrstarken TSV Bayer Dormagen auf ärgerliche Weise. 23:25 (10:14) hieß es nach erbittertem, aber letztlich glücklosem Kampf vor 1317 Zuschauern in der Ludwigsburger MHP-Arena.
Als Christian Schäfer nach dem Abpfiff zur Ehrung für den Spieler des Spiels aufgerufen wurde, konnte er seine Enttäuschung nicht mehr verbergen. „Wir haben einfach zu viele Bälle liegengelassen“, haderte das Geburtstagskind. Seine eigene Leistung konnte der 27-Jährige nicht gemeint haben, denn mit zehn Treffern war er nicht nur aufgrund seiner drei verwandelten Siebenmeter der herausragende Akteur aufseiten der Gastgeber.
Nach völlig verkorkster erster Spielhälfte hatte Schäfer zu Beginn des zweiten Durchgangs den 10:14-Rückstand fast im Alleingang gedreht. Mit fünf Treffern innerhalb von zehn Minuten führte der Rechtsaußen seine Mannschaft bis zur 41. Minute zum 16:16-Ausgleich.
Nur ein Spieler auf Dormagener Seite verhinderte zu diesem Zeitpunkt, dass der Damm zugunsten der Hausherren endgültig brach: Sebastian Damm. Auch dem Siebenmeterspezialisten der Dormagener gelangen zehn Treffer. Acht verwandelte Siebenmeter waren darunter, doch ausgerechnet mit seinem Feldtor zum 16:17 – noch dazu erzielt in Unterzahl – hielt er seine Mannschaft auf Siegkurs.Verloren hatte die SG BBM das Spiel – wie Trainer Hartmut Mayerhoffer später unumwunden einräumte – allerdings in der ersten Spielhälfte. Obwohl zunächst fast ausschließlich bundesligaerfahrene Spieler wie Timo Salzer, Tim Dahlhaus, Dominik Schmid oder Julius Emrich zum Einsatz kamen, war gegen die kompakte und knüppelhart agierende Dormagener Abwehr kein Durchkommen. In der Offensive gelang so gut wie kein Spielzug, die SG versuchte es mit der Brechstange und scheiterte immer wieder an dem überragenden Dormagener Torwart Sven Bartmann.
Mayerhoffer nahm nach 21 Spielminuten bereits die zweite Auszeit, dennoch bauten die Gäste ihren Vorsprung zwischenzeitlich auf fünf Tore (7:12) aus.
Nach dem Seitenwechsel bekamen die Youngsters ihre Chance. Insbesondere Gerdas Babarskas und Max Emanuel sorgten mit mutigen Aktionen neben Schäfer dafür, dass nach dem Ausgleich zumindest der Anschluss gehalten werden konnte. Eine Führung gelang der SG aber weiterhin nicht.
In der an Dramatik kaum zu überbietenden Schlussphase fiel die endgültige Entscheidung: Zwar hielt Stanislaw Gorobtschuk nach dem 23:24 von Emanuel den neunten Siebenmeter von Damm, im Gegenzug aber parierte Bartmann ein Salzer-Geschoss. 30 Sekunden vor der Schlusssirene dann der fatale Fehler: Emanuel spielt in Überzahl einen katastrophalen Ball auf Emrich, Dormagen ging dazwischen und nach einer Auszeit besiegelt Robin Doetsch mit dem Treffer zum 23:25 die bittere Niederlage der SG BBM.
SG BBM: Gorobtschuk, Radovanovic; Schmid (1), Salzer (2), Dahlhaus (1), Schäfer (10/3), Baberskas (4), Barthe, Emrich (2), Emanuel (2),Lohrbach (1), Rentschler, Scholz.
Harte Realitäten in der Zweiten Liga
Fehlstart für die SG BBM Bietigheim in die Saison 2015/2016: Der Handball-Zweitligist kassierte mit dem 23:25 gegen den TSV Bayer Dormagen in der MHP-Arena in Ludwigsburg seine zweite Niederlage im zweiten Spiel.
Bei der SG BBM Bietigheim ist noch jede Menge Luft nach oben. "Wir sind in der Realität der Zweiten Liga angekommen", sagte Bietigheims Trainer Hartmut Mayerhoffer nach der 23:25-Heimniederlage gegen den TSV Bayer Dormagen. Mayerhoffers Mannschaft hat noch nicht auf Zweitliga-Modus umgeschaltet. Nach einer schwachen ersten Halbzeit und einer Steigerung im zweiten Abschnitt verlor der Bundesliga-Absteiger nach der Auftakt-Niederlage beim Aufsteiger VfL Eintracht Hagen auch gegen den in der Vorsaison knapp dem Abstieg entgangenen TSV Bayer Dormagen. Die von Verletzungspech gebeutelten Gäste zogen die Nummer in Ludwigsburg ohne Neuzugänge und mit nur acht Feldspielern sowie einem überragenden Torhüter Sven Bartmann durch. Als neunter Mann kam der am Knie stark lädierte Marijan Basic zur Entlastung jeweils für ein paar Sekunden aufs Feld.
Der Bietigheimer Trainer Hartmut Mayerhoffer gesteht seiner jungen Mannschaft mit ein paar erfahrenen Spielern einen Entwicklungsprozess zu und warnt vor allzu hohen Erwartungen: "Im Handball geht gar nichts schnell."
Überragender Mann bei den Gastgebern war Christian Schäfer an seinem 27. Geburtstag. Der Rechtsaußen sorgte mit zum Teil spektakulären Toren dafür, dass sein Team in der zweiten Halbzeit Rückstände aufholen und zweimal ausgleichen konnte. Nach dem Siebenmeter-Debakel von Hagen mit sechs vergebenen Strafwürfen durch vier verschiedene Spieler verwandelte Schäfer gegen Dormagen alle drei Siebenmeter. Achtmal vom Strich erfolgreich war Dormagens Sebastian Damm, mit zehn Treffern bester Werfer des TSV Bayer. Mit dem neunten Siebenmeter scheiterte Damm in der 58. Minute bei knapper 24:23-Führung an Bietigheims Schlussmann Stanislaw Gorobtschuk.
Doch dessen Mitspieler konnten diese Vorlage nicht zum Ausgleich und damit vermutlich wenigstens einem Punktgewinn nutzen. Zwar gerieten die Dormagener in der Schlussminute in Unterzahl. Sie behielten aber die Übersicht und Nervenstärke und profitierten von einem riskanten und misslungenen Anspiel von Max Emanuel an den Kreis, das Julius Emrich hätte erreichen sollen. Die Gäste fingen den Ball ab und Robin Doetsch schloss den Konter mit seinem einzigen Tor zum 25:23-Endstand ab.
"Kleinigkeiten entscheiden Spiele, aber die Spieler müssen lernen", machte SG-Coach Mayerhoffer dem U-20-Nationalspieler Emanuel keinen Vorwurf. Emanuel hatte in der zweiten Halbzeit ebenso wie der andere Neuzugang Gerdas Babarskas im Rückraum starke Szenen und erzielte zwei Treffer. Babarskas, dem auch der eine oder andere Fehlpass unterlief, gefiel durch seine Wurfkraft aus der zweiten Reihe und seine Entschlossenheit. Er traf viermal.
Beflügelt vom deutlichen Auftaktsieg gegen den TuS Ferndorf in der Woche zuvor agierte der TSV Bayer Dormagen vor den nur 1317 Zuschauern in der MHP-Arena konzentriert. Die Mannschaft von Trainer Jörg Bohrmann langte in der Abwehr zu und spielte schnell und direkt häufig über die Mitte nach vorne. Damm trat als sicherer Siebenmeterschütze auf, aus dem Rückraum waren Jo Genz und Jonathan Eisenkrätzer erfolgreich. Die beiden Bietigheimer Torhüter Gorobtschuk und ab der 18. Minute Mihailo Radovanovic brachten kaum die Hand an den Ball. Nach 15 Minuten führten die Gäste mit drei Toren (8:5) und bauten ihren Vorsprung bis zur 23. Minute auf 12:7 aus. Die Bietigheimer kassierten zu einfache Gegentore und bekamen die Partie trotz viel Ballbesitz im Rückraum nicht in den Griff. Hinzu kam die Klasseleistung von TSV-Schlussmann Bartmann. Mit der Brechstange und Gewaltwürfen war Dormagen kaum beizukommen.
In der zweiten Halbzeit und mit Emanuel und Babarskas auf den Halbpositionen steigerte sich die SG BBM spielerisch und glich durch vier Tore von Schäfer in Folge zum 16:16 aus. In dieser Phase verballerten die Gäste ihre Chancen. Dreimal warfen sie übers Bietigheimer Tor, einmal daneben, und ein Angriff endete mit einem technischen Fehler.
Bei der SG BBM steigerte sich Keeper Gorobtschuk erheblich. Aber wie schon beim 16:16 gelang Bietigheim auch nach dem 17:17 der Führungstreffer nicht. Die Dormagener blieben stabil und gingen durch zwei Siebenmeter von Damm mit 19:17 in Führung. Als Schäfer in der 55. Minute zum 22:22 erneut ausglich, nutzten die Gastgeber die Chance nicht, vorzulegen. Das gelang erneut den Gästen durch Peter Strosack und Dennis Marquardt zum 24:22. Ebenso wie Doetsch hatte sich auch Spielmacher Marquardt seinen einzigen Treffer bis in die Schlussphase hinein aufgehoben und ihn im entscheidenden Moment erzielt.
Die Realität Zweite Liga sieht für die SG BBM Bietigheim am Freitag das Gastspiel bei Tusem Essen vor.
Zusatzinfo
So spielten sie
Bietigheim - Dormagen 23:25 (10:14)
SG BBM Bietigheim: Gorobtschuk, Radovanovic 5/2); Schmid (1), Salzer (2), Dahlhaus (1), Schäfer (10/3), Babarskas (4), Barthe, Scholz, Emrich (2), Emanuel (2), Lohrbach (1), Rentschler.
TSV Bayer Dormagen: Bartmann, Jäger; Genz (3), Eisenkrätzer (3), Doetsch (1), Kübler (1), Damm (10/8), Strosack (5), Hüter, Marquardt (1), Basic (1).
Siebenmeter: 3/3 - 9/8; Zwei-Minuten-Strafen: 2 - 5; Schiedsrichter: Drechsler (Fürstenfeldbruck), Hutner (Lauben); Zuschauer: 1317 in Ludwigsburg.