Für Bietigheim wird die Lage immer prekärer
Für die Mannschaft von Trainer Hartmut Mayerhoffer wird die Lage am Tabellenende immer aussichtsloser, denn auch gegen die TSV Hannover-Burgdorf setzte es eine 24:28(17:15)-Heimniederlage. Dabei gab es schon vor der Pause eine Schlüsselszene: SG-Spielmacher Timo Salzer musste mit einer Sprunggelenksverletzung vom Feld (23.). Er konnte nicht mehr eingesetzt werden.
„Wir spielten nach der Pause unstrukturiert. Man hat gesehen, wie wichtig Timo für unsere Spielgestaltung ist“, sagte Mayerhoffer. Hannover, das im überragenden Torwart Martin Ziemer und Linksaußen Lars Lenhoff (12/6 Tore) seine besten Spieler hatte, kam immer wieder durch Tempogegenstöße zu leichten Toren. Die SG vergab ohne die verletzten Andre Lohrbach und Rok Praznik viele gute Chancen. „Wir müssen uns jetzt zusammenreißen und am Samstag in Minden punkten“, forderte Timo Salzer. Beste SG-Werfer vor 3254 Zuschauern in der Ludwigsburger MHP-Arena waren Christian Schäfer (9/4) und Roman Kirveliavicius (5).
Bietigheimer Zeitung
SG BBM unterliegt dem TSV Hannover-Burgdorf mit 24:28
Die Erstliga-Handballer der SG BBM Bietigheim haben einen Tag vor Heiligabend eine bittere 24:28-Heimschlappe gegen den TSV Hannover-Burgdorf kassiert. Nach einer 17:15-Pausenführung knickte der Aufsteiger und Tabellenletzte ein.
Die Handballer der SG BBM Bietigheim haben es am Dienstagabend versäumt, sich das schönste Weihnachtsgeschenk selbst unter den Christbaum zu legen: Der Aufsteiger verlor einen Tag vor Heiligabend gegen den TSV Hannover-Burgdorf nach einer 17:15- Pausenführung und einer desolaten zweiten Hälfte mit 24:28. Bei den Niedersachsen war Lars Lehnhoff mit zwölf Treffern der Mann des Tages. Bietigheims Rechtsaußen Christian Schäfer hielt mit neun Toren dagegen.
Die Partie hatte für die SG BBM vor den 3254 Zuschauern in der MHP-Arena Ludwigsburg schon schlecht begonnen. Die Abwehr fand zunächst keinen Zugriff, Darko Stanic im Tor hatte stets das Nachsehen, und so führten die "Recken" des TSV nach sechs Minuten mit 4:1. Zu diesem Zeitpunkt hatte Martin Ziemer schon fünf Bietigheimer Wurfchancen vereitelt, was dem deutschen Nationalkeeper anerkennende "Martin, Martin"-Sprechchöre von dem kleinen Häuflein Gästefans einbrachte.
Doch dann legte die Mannschaft von Trainer Hartmut Mayerhoffer ihre Zurückhaltung ab und lief zur Bestform auf. Romas Kirveliavicius gelang nach einem feinen Zuspiel von Timo Salzer an den Kreis der Ausgleich zum 5:5 (11.). Schäfer blieb der 500. Bundesliga-Treffer der SG vorbehalten, der das 8:8 bedeutete (18.). Noch in der gleichen Minute brachte der Rechtsaußen sein Team nach einem Tempogegenstoß erstmals in Führung. Rotzfrech präsentierte sich auch sein Stellvertreter Marco Rentschler, als er Ziemer drei Sekunden vor dem Halbzeitsignal mit einem satten Wurf ins kurze Eck zum 17:15 überwand
Wie schon bei der unglücklichen 24:25-Derbyniederlage drei Tage zuvor in Stuttgart lag das Schlusslicht zur Pause also wieder mit zwei Toren vorne. Und wieder verloren die Mayerhoffer-Schützlinge nach dem Wiederanpfiff den Faden. Bietigheim erlaubte sich leichtfertige Ballverluste, technische Patzer, Abspielfehler und Fehlwürfe, wie sie in dieser Vielzahl in der Ersten Liga eigentlich nicht passieren dürfen. Die Quittung dafür war am Spielstand abzulesen: Bis zur 45. Minute drehte Hannover den Spieß um und ging mit einem 10:2-Lauf selbst vorentscheidend mit 25:19 in Führung. Gästecoach Christopher Nordmeyer hatte seinen Spielern in der Kabine wohl ordentlich Beine gemacht. Die Leistungssteigerung der Niedersachsen korrespondierte mit dem Einbruch der SG BBM.
In dieser kritischen Phase wurde beim Bundesliga-Neuling vor allem der Kopf der Mannschaft vermisst: Timo Salzer. Der Spielmacher hatte sich schon im ersten Durchgang am Knöchel verletzt und musste auf der Bank hilflos mitansehen, wie sein Team nach allen Regeln der Handball-Kunst vom Gegner auseinandergenommen wurde. Von Beginn an nicht dabei war der slowenische Abwehrspezialist Rok Praznik, der sich kurzfristig einen Muskelfaserriss zugezogen hatte,
Beim 19:25-Zwischenstand nahm Mayerhoffer seinen Schlussmann Stanic vom Feld und brachte für ihn dessen jungen serbischen Landsmann Mihailo Radovanovic. Der machte seine Sache zwar außerordentlich gut und kassierte in den verbleibenden 14 Minuten nur drei Gegentreffer. Da seine Vorderleute aber vorne weiter selbst die besten Möglichkeiten versiebten, kam die SG BBM nicht mehr richtig an den Gegner heran. Symptomatisch waren die kläglichen Versuche von Hannes Lindt und Jonathan Scholz. Beide scheiterten jeweils im Eins-gegen-eins-Duell am überragenden Ziemer. Ins Bild passte auch, dass ein Siebenmeter-Tor von Schäfer nicht zählte, weil der Bietigheimer die Markierung übertreten hatte.
Erst Marco Rentschler sorgte mit einem Doppelschlag zum 22:25 (53./54.) wieder für einen Hoffnungsfunken. Doch die Abschlussschwäche bekamen die Hausherren bis zum Spielende nicht mehr in den Griff, und so ging die Partie mit 24:28 verloren. Die schöne Bescherung kurz vor Weihnachten blieb aus. Der als Tabellenelfter angereiste TSV Hannover-Burgdorf bejubelte dagegen seinen erst zweiten Auswärtssieg in dieser Saison.
Die Bietigheimer haben nun allerdings nicht lange Zeit, sich über die bereits neunte Heimpleite und die verkorkste zweite Halbzeit zu ärgern. Bereits am Samstag (19 Uhr) sind sie erneut gefordert - im Kellerduell beim TSV GWD Minden.
Stimmen zum Spiel
Christopher Nordmeyer, Trainer des TSV Hannover-Burgdorf: Gratulation zu dieser schönen Atmosphäre und dem guten Spiel, das Bietigheim gemacht hat. Wir hatten in der ersten Halbzeit große Schwierigkeiten. In der zweiten Hälfte haben wir besser verteidigt und auch im Angriff viel richtig gemacht. Überragend war unser Torwart Martin Ziemer. Es hat uns im Spiel gehalten, wenn es darauf ankam. Bietigheim ist viel stärker als der letzte Platz und die aktuelle Situation.
Hartmut Mayerhoffer, Coach der SG BBM Bietigheim: Unsere Chancenverwertung war mangelhaft. Wenn man so viele Chancen vergibt, kannst du keine Spiele gewinnen. Schon in der ersten Halbzeit haben wir einiges liegengelassen. Es ist nicht so, dass wir in der zweiten Hälfte deutlich schlechter gespielt haben. Ein großer Unterschied war die Anzahl der technischen Fehler: In der ersten Halbzeit haben wir nur einen gemacht, in der zweiten dagegen neun.
Christian Schäfer, Bietigheimer Rechtsaußen und neunfacher Torschütze: Heute war mehr drin. Wir haben eine gute erste Halbzeit gespielt. Zur Pause hätten es mehr als die zwei Tore Vorsprung sein können. Nach der Pause kam ein Bruch ins Spiel. Da haben wir unsere Chancen nicht mehr genutzt. Wir haben aber keine Zeit, Trübsal zu blasen, und stecken den Kopf nicht in den Sand. Jetzt fokussieren wir uns auf Samstag und wollen in Minden die zwei Punkte holen.
Lars Lehnhoff, überragender TSV-Spieler: Nach den zwei Niederlagen in der Liga und dem Pokal-Aus war es nicht leicht für uns. Der Trainer hat in der Halbzeit gesagt, wir sollen die Wende einläuten. Durch eine kämpferische Leistung haben wir das Ding noch gedreht. In dieser Saison sind zwölf Tore für mich bisher Rekord. Ich habe in einem Spiel aber auch schon mehr gemacht. Es war wichtig, hier gewonnen zu haben. Bei den anderen zwei Aufsteigern haben wir verloren.
Ludwigsburger Kreiszeitung
Bietigheims Konzept fällt wie ein Kartenhaus zusammen
Der Ausfall von Spielmacher Timo Salzer, der nach 20 Minuten umknickte und nicht mehr weiterspielen konnte, ist ein Grund, warum das spielerische Konzept und der mannschaftliche Zusammenhalt wie ein Kartenhaus auseinanderbrachen.
Andererseits raubte die überragende Leistung von Nationaltorwart Martin Ziemer, der in der Statistik mit 21 Abwehraktionen notiert ist, dem Bundesliga-Schlusslicht den Nerv. Die Lobeshymnen auf gegnerische Keeper hat Salzer allerdings satt. Der Kapitän beleuchtete die Problematik von einer anderen Seite: „Wir müssen uns fragen, warum wir die Dinger nicht reinmachen.“ In dieselbe Kerbe schlug Trainer Hartmut Mayerhoffer: „Wir haben zwölf freie Würfe vergeben. So kann man nicht gewinnen.“ Dass nach dem Wechsel die Abwehr wackelte und im Angriff leichte Ballverluste den Gegner zu Tempogegenstößen einluden, führte der Coach auch auf Salzers Verletzung zurück. „Man hat gesehen, was Timo Salzer für uns wert ist, nachdem er nicht mehr dabei war.“ Andreas Blodig mühte sich nach Leibeskräften, war aber nicht in der Lage, den Aktionen die nötige Struktur zu verleihen und flüssige Ballpassagen einzuleiten. Was auffiel: Beide Halbzeiten begann die SG BBM äußerst unkonzentriert. Während die Recken aus Niedersachsen von der ersten Sekunde an hellwach waren, brauchten die Bietigheimer zehn Minuten, um ihren Rhythmus zu finden. Die Folge: 1:4- und 2:5-Rückstand (8. Minute). Rückraumkanonier Romas Kirveliavicius (insgesamt 5 Tore) und Rechtsaußen Christian Schäfer (9 Tore) führten die Rothemden wieder heran. Letzterer warf in der 18. Minute mit dem 9:8 die erste Führung heraus und verwandelte seine Siebenmeter ebenso sicher wie Hannovers Torjäger Lars Lehnhoff. Dieser Schleichertyp ließ einfach nicht in den Griff kriegen. Neben sechs Strafwürfen vollstreckte er auch ein halbes Dutzend Mal aus dem Spiel heraus. Im Rückraum zog Nationalspieler Sven-Sören Christophersen routiniert die Fäden und steuerte fünf Treffer bei. In der Viertelstunde nach Wiederbeginn verwandelten die Gäste den 15:17-Halbzeitrückstand in eine 25:19-Führung. Reihenweise entschärfte Ziemer Würfe der alleine auf ihn zusteuernden Bietigheimer, genoss seine spektakulären Rettungstaten mit geballter Faust und Jubelsäge. Da konnte SG-Schlussmann Darko Stanic gestern nicht mithalten. Wie dankbar das Ludwigsburger Publikum ist – 3278 Fans sorgten für eine prächtige Kulisse – , zeigte sich, als sich die SG beim 22:25 (54.) und 23:26 (57.) noch einmal bis auf drei Tore herankämpfte. Gar zu gerne hätten sie Mayerhoffers Mannschaft noch zu Wende gebrüllt, aber die Recken hielten den Auswärtssieg energisch fest.