Ludwigsburger Kreiszeitung
Niederlage im Derby tut der SG Bietigheim richtig weh

Ganze drei Sekunden fehlten Handball-Bundesligist SG BBM Bietigheim bei der 24:25 (14:12)-Niederlage gegen HBW Balingen-Weilstetten, um im Derby-Krimi vor den 6150 begeisterten Zuschauern zumindest einen Punkt aus der Porsche-Arena zu entführen.

„So zu verlieren, ist richtig bitter“ ärgerte sich SG-Trainer Hartmut Mayerhoffer, dass seine Mannschaft in der Schlussminute den Sieg, zumindest aber ein Remis herschenkte.

In der dramatischen Schlussphase sprach alles für den Außenseiter aus Bietigheim, der den „Galliern von der Alb“ über 60 Minuten ein mehr als ebenbürtiger Gegner war. 23 Sekunden vor der Schlusssirene zog Mayerhoffer bei angezeigtem Zeitspiel die grüne Karte zur Auszeit. Der Wurf von Timo Salzer landete nach Wiederanpfiff neben dem Tor. Den Balingern blieben nach einem Freiwurf noch drei Sekunden Restspielzeit, in denen Fabian Böhm die Kugel zum Entsetzen des mitgereisten SG-Anhang über die Bietigheimer Abwehrmauer in die Maschen donnerte.

Der Rest war eine Jubelorgie in Blau-weiß, Ringelreihen tanzende Balinger Spieler und am Boden liegende SG-ler, die nicht fassen konnten, was soeben passiert war. Lange Zeit hatte es im hart umkämpften Derbyfight nicht den Anschein, als ob sich der Ausflug der Balinger nach Stuttgart auszahlen würde. Während der HBW nach drei Niederlagen in Folge verunsichert wirkte, zeigten sich die Bietigheimer unbeeindruckt von der riesigen Kulisse und dominierten die erste Hälfte.

Im Angriff brillierte Romas Kirveliavicius mit knallharten Würfen aus dem Rückraum. Die HBW-Offensive tat sich schwer gegen das engmaschige Abwehrnetz der Ellentäler. Was durchkam, schnappte sich SG-Keeper Darko Stanic, der mit Weltklasseparaden die Gallier ausbremste. Beim 11:7 durch Robin Haller, lag der Tabellenletzte erstmals mit vier Toren vorne (22. Minute)

SG leistet sich lange Durststrecke

Nach dem 12:14-Halbzeitrückstand kam eine andere HBW-Mannschaft aus der Kabine. Angeführt von ihrem bärenstark aufspielenden Nationalspieler Martin Strobel drehte Balingen die Partie. HBW-Spielmacher Strobel mit neun Treffern sowie der im zweiten Abschnitt mächtig aufdrehende Grieche Alesandros Vasilakis, (7 Tore) brachten Balingen mit 22:18 in Front (50.).

Dagegen leisteten sich die SG-Angreifer mit nur einem Tor von der 38. bis zur 52. Minute eine zu lange Durststrecke. Als erneut Vasilakis für den HBW zum 24:21 traf (56.) schien die Messe gelesen, doch Bietigheim bäumte sich nochmals auf und glich durch Treffer von Salzer, Robin Haller und Jonathan Scholz zum 24:24 aus (59.). Das verpasste Happy End können die Ellentäler bereits morgen in der MHP-Arena nachholen, wo sie um 19 Uhr auf Hannover-Burgdorf treffen.

 


Bietigheimer Zeitung
SG BBM Bietigheim: Ein Stich mitten ins SG-Herz

Durch ein Gegentor in der vorletzten Sekunde haben die Handballer der SG BBM Bietigheim das Erstliga-Derby gegen Balingen mit 24:25 verloren. Vor 6150 Zuschauern in der Porsche-Arena war Fabian Böhm mit seinem finalen Gewaltwurf der Matchwinner beim HBW.

So laut wie am Samstag um 16.39 Uhr war es bei einem Handball-Spiel in der Stuttgarter Porsche-Arena wohl noch nie: Ein ohrenbetäubender Schrei aus Hunderten Kehlen hallte durch die mit 6150 Zuschauern gefüllte Halle an der Mercedesstraße - je nach Sympathie ein Schrei der Freude, wenn man es mit dem Gastgeber HBW Balingen-Weilstetten hielt. Oder ein Schrei des Entsetzens, wenn man zum Bietigheimer Lager gehörte.

Fabian Böhm avancierte in diesen für die SG BBM verflixten letzten drei Sekunden noch zum Balinger Matchwinner. Beim Stand von 24:24 erhielt seine Mannschaft noch einen letzten Freiwurf zugesprochen. Böhm, dem bis dahin im Angriff nur wenig gelungen war, fasste sich ein Herz und jagte den Ball mit Wucht aus dem Rückraum zum 25:24 ins Netz. SG-Keeper Darko Stanic war mit den Fingern zwar noch dran, konnte den knallharten Wurf aber nicht mehr parieren - und so durften die Handballer aus dem Schwarzwald einen glücklichen Erfolg bejubeln, während die SG-Spieler wie ein Häufchen Elend mitten im Tollhaus mit ihrem Frust allein waren und ihr Unglück kaum fassen konnten.

Wie schon so oft hatten die Bietigheimer einem Gegner über weite Strecken Paroli geboten. Und wie so oft bekamen sie Komplimente für ihre vor allem in der ersten Hälfte starke und durchaus bundesligawürdige Vorstellung. Nur Punkte gab es wieder keine. So trägt der Aufsteiger weiter unverdrossen die rote Laterne. Die Partien werden weniger, und angesichts der sechs Zähler Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz wird die Luft für die Mayerhoffer-Schützlinge im Tabellenkeller immer dünner. Am Dienstag (19 Uhr/MHP-Arena) müssen gegen den TSV Hannover-Burgdorf im letzten Heimspiel des Jahres unbedingt zwei Zähler her, um kein ganz hoffnungsloser Fall zu werden.

Wenn die Bietigheimer freilich so spielen wie in den ersten 30 Minuten gegen den HBW, dann ist auch gegen die Niedersachsen etwas drin. Nicht die als Hausherr fungierenden Balinger dominierten in der Porsche-Arena zunächst das Derby, sondern der kecke Neuling von der Enz. Eine starke Abwehr und der erneut exzellent haltende Stanic legten den Grundstein für eine verdiente 14:12-Pausenführung. Eine Führung, die sogar höher hätte ausfallen können.

Nach einem ausgeglichenen Beginn und einem 6:7-Rückstand streute das Team von Trainer Hartmut Mayerhoffer einen beherzten Zwischenspurt ein und erzielte fünf Tore hintereinander. So leuchtete nach 22 Minuten eine Bietigheimer 11:7-Führung von den Videowänden. Die Anfeuerung durch die sonst so enthusiastischen HBW- Fans ließ hörbar nach, und Coach Markus Gaugisch sah sich zu einer ersten Auszeit genötigt, um den Lauf des Außenseiters zu unterbinden. Begünstigt durch einige weggeworfene Bälle der Gäste verkürzten seine Balinger bis zur Pause immerhin noch auf 12:14.

Im zweiten Durchgang ersetzte Radivoje Ristanovic beim HBW den zuvor im Tor stehenden Matej Asanin. Mit dem Serben im Rücken stand jetzt auch die Deckung der Gastgeber stabiler. Im Angriff fehlten den Bietigheimern fortan die Ideen, die Mittel und die Durchschlagkraft. Nun nahm Balingen-Weilstetten das Heft in die Hand. Speziell der griechische Nationalspieler Alexandros Vasilakis und der überragende Mittelmann Martin Strobel spielten sich in einen Rausch und erzielten einen Treffer nach dem anderen. Die Folge: In der 51. Minute lag der HBW schon mit 22:18 vorne. Auch fünf Minuten später führte er noch mit 24:21.

Doch Bietigheim zeigte Moral und kämpfte sich mit einer Energieleistung zurück. Linksaußen Jonathan Scholz glich in der vorletzten Minute mit seinem zweiten Treffer zum 24:24 aus. Die Spannung in der Arena war inzwischen nicht mehr zu überbieten. Nach einer Auszeit von Mayerhoffer war die SG 22 Sekunden vor Spielende erneut in Ballbesitz, doch bei angezeigtem Zeitspiel verfehlte Timo Salzer den Kasten. Wenig später folgte der letzte Balinger Freiwurf, den Böhm zum Siegtor nutzte - ein Stich mitten ins Bietigheimer Handball-Herz.

Stimmen zum Spiel: Hartmut Mayerhoffer, Trainer der SG BBM Bietigheim: Diese Niederlage ist sehr, sehr bitter für uns. Wir haben wirklich eine gute erste Halbzeit gespielt. Im zweiten Abschnitt haben wir uns dann die Butter vom Brot nehmen lassen, sind aber nochmals rangekommen. Am Ende ist es ein Wurf, der das Spiel entscheidet.

Timo Schön, SG-Geschäftsführer: Wir haben heute zwei Mannschaften auf Augenhöhe gesehen. Der HBW hat eine tolle Fankultur, die Stimmung war großartig. Für uns gilt es jetzt, den Blick nach vorne zu richten und uns auf das Spiel gegen Hannover zu konzentrieren. Wir müssen punkten, um nächstes Jahr noch eine Chance im Abstiegskampf zu haben.

Markus Gaugisch, Coach des HBW Balingen-Weilstetten: Heute wäre ein Unentschieden gerecht gewesen. Wenn der letzte Ball so reingeht, dann ist das natürlich Glück - egal, ob man das trainiert oder nicht. Wir haben in der zweiten Halbzeit unsere Deckung gesteigert. Martin Strobel hat gigantisch gespielt.

Bernd Karrer, HBW-Manager: Wir wissen genau, wie sich die SG fühlt. Wir hatten in der vergangenen Saison viele Spiele, die wir so knapp verloren hatten. Wenn du gut spielst und am Ende verlierst, kannst du dir eben nichts davon kaufen. Ich wünsche der SG weiter viel Erfolg. Ich denke, die Mannschaft rollt sich so langsam in der Bundesliga ein. Man hat eine deutliche Steigerung zum Spiel in der Hinrunde gesehen. Da wird sicherlich noch was kommen.

Fabian Böhm, Balinger Siegtorschütze: Das ist der Wahnsinn. Das Glück war auf unserer Seite. Ich habe im Angriff eines meiner schlechtesten Spiele in diesem Jahr gemacht, aber Hauptsache wir gewinnen. Dann wäre für mich auch nur ein Tor okay. Darko Stanic hat klasse gespielt. Bietigheim war ein ebenbürtiger Gegner und hat es verdient, in der Ersten Liga zu spielen.

Timo Salzer, Kapitän der SG BBM: Wir haben eine gute erste Halbzeit gespielt, es aber verpasst, mit vier, fünf Toren Vorsprung in die Pause zu gehen. In der zweiten Halbzeit hat Balingen eine stabilere Abwehr gestellt. Da konnten wir unser Spiel nicht mehr so durchdrücken. Mir ist es lieber, hässlich zu spielen und zu gewinnen, als schön zu spielen und zu verlieren. In der Bundesliga zu spielen hat man erst verdient, wenn man genügend Punkte holt.

Martin Strobel, überragender HBW-Spielmacher: Es war ein unglaublich hartes Spiel mit Derbycharakter, das alles hatte, was ein Handball-Spiel bieten kann. Wir haben alles in die Waagschale geworfen, vor allem in der zweiten Halbzeit. An unserem Jubel hat man gemerkt, wie erleichtert wir nach dem Spiel waren. In der Bundesliga gibt es keine schwachen Mannschaften. Da muss man jede Partie so angehen wie ein Endspiel.

Marco Rentschler, Bietigheimer Rechtsaußen: Die Enttäuschung ist riesig. In der zweiten Halbzeit haben wir uns nicht mehr ganz an unser Konzept gehalten. Wir haben kein schlechtes Spiel gemacht und bis zum Schluss gekämpft. So bitter die Niederlage auch war - wir müssen weiterarbeiten und unsere Fehler analysieren. Denn am Dienstag geht es gegen Hannover schon wieder weiter.

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