111211_leipzig_sgbbm.jpgLeipziger Volkszeitung

Leidenschaft, Herz und ein 39:32 gegen Bietigheim bringen SC DHfK Leipzig Platz vier

Die Handballer des SC DHfK Leipzig haben am Sonntagabend einen weiteren Erfolg gefeiert. Mit 39:32 (20:15) setzten sie sich gegen die SG BBM Bietigheim durch. Vor 1210 Zuschauern in der heimischen Ernst-Grube-Halle hatten die Grün-Weißen lediglich in der Anfangsphase Probleme, konnten sich dann aber zunehmend durchsetzen. Mit dem Sieg kletterten die Messestädter auf Platz vier der Tabelle der 2. Bundesliga. Beste Torschützen auf Seiten der Hausherren waren Thomas Oehlrich und Philipp Seitle mit je acht Toren. Bei den Gästen traf Nico Kibat am häufigsten (7).

"Mir klopft ein bisschen das Herz", gab DHfK-Coach nach dem Abpfiff ungewohnt offen zu. "Soviel Leidenschaft, Herz und Willen, wie ihn die Mannschaft heute gezeigt hat, haben ein extragroßes Lob verdient. Das hat mir alles so richtig viel Spaß gemacht."

Die Partie hatte ausgeglichen begonnen. Keine Mannschaft konnte sich absetzen. Egal ob die Gäste oder die Leipziger ein oder zwei Tore in Front lagen, individuelle Fehler machten die Führungen stets schnell zunichte. Ausgerechnet Bietigheims Coach Jochen Zürn durchbrach diesen „Rhythmus" per Auszeit in der 16. Minute. Da hatten beide Teams neun Tore auf dem Konto. "Im Grunde war bereits zu diesem Zeitpunkt klar, dass wir hier nicht als Gewinner abreisen würden. Wir sind überhaupt nicht ins Spiel gekommen", analysierte Zürn später.


Die bessere Ansprache während der Unterbrechung schien ohnehin Uwe Jungandreas gehalten zu haben, denn seine Jungs zogen in der Folge auf 12:9 davon. Philipp Seitle und Steve Baumgärtel setzten ihre Konter im Anschluss lediglich ans Gebälk. Die Grün-Weißen agierten trotz zahlreicher Fehler enorm selbstbewusst und überstanden eine durch Uli Streitenberger und den ansonsten starken Ole Dietzmann verschuldete doppelte Unterzahl mit nur zwei Gegentoren. Das verlieh dem Leipziger Spiel zusätzlichen Schub. Die 20:15-Halbzeitführung war auch in dieser Höhe verdient.

"Wir sind offenbar tatsächlich die Mannschaft mit den zwei Gesichtern. Zuhause läuft es. Aber hier konnten wir die Aggressivität nicht hoch halten, sind nicht in die Vorwärtsbewegung gekommen und haben uns in Zweikämpfen aufgerieben, statt strukturiert nach vorn zu spielen", kritisierte SG-Coach Zürn. Eines machten seine Jungs allerdings 60 Minuten lang: laufen. "Das war das schnellste Spiel, das ich je erlebte habe", meinte Leipzigs Philipp Seitle später. "Nicht viele Mannschaften können unser Tempo so mitgehen."

Doch die Tempohärte half den Bietigheimern wenig. In Hälfte zwei zementierten die Gastgeber die herrschenden Kräfteverhältnisse. Zwar hatte die SG BBM die zwischenzeitliche Torflaute beendet. Dennoch blieben sie hinter den bis dato in der Liga gezeigten Leistungen zurück. Vor allem Robin Haller, der in der Vorwoche den TV 1893 Neuhausen mit zehn Treffern quasi im Alleingang abgeschossen hatte, kam auch dank der aggressiven grün-weißen Abwehr wenig bis gar nicht zum Zug.

"Robin ist ein gutes Beispiel für unser Problem", so Jochen Zürn. "Ihm fehlen genauso wie allen anderen auswärts einfach die Leichtigkeit und die Gewalt im Spiel." Immerhin bewies der Bietigheimer Trainer Galgenhumor: "Es wäre ja noch schlimmer, wenn es Zuhause auch nicht klappen würde."

Solche Gedanken muss man sich an der Pleiße nicht machen. "Unsere Entwicklung stimmt. Das sieht man schon an der Körpersprache", lobte Uwe Jungandreas. Inzwischen sei es auch gelungen, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen. Ein Sonderlob verteilte der DHfK-Coach in diesem Zusammenhang an Lukas Binder und Ole Dietzmann, der sich einmal mehr als zweiter Kreisläufer bewährte.

Positiv sei vor allem die Stimmung im Team. "Jeder gönnt jedem den Erfolg", so Jungandreas, der selbst seinen Beitrag dazu leistete. Ein Johlen ging durch die Grubehalle, als Mitte der zweiten Halbzeit Sebastian Schulz ins Tor kam, der den kurzzeitig etwas außer Tritt geratenen Oliver Krechel ablöste. "Schulzi" hatte sichtlich Spaß an seinem Einsatz und zeigte mehrere sehenswerte Paraden. Szenenapplaus kassierte außerdem Maik Wolf, der beim Spielstand von 35:28 in der 56. Minute auch noch einmal ran durfte.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Jochen Zürn bereits alle Hoffnung verlassen. Für Bietigheim bestritt die zweite Garnitur die Schlussphase. Die wurde im Übrigen in der 58. Minute noch einmal hektisch, als das Schiedsrichterduo Christopher Biaesch und Frank Sattlerach nach einer Aktion gegen Sebastian Knierim zunächst Steven Baumgärtel die rote Karte zeigte, diese nach heftigem Protest von Jungandreas dann zurücknahm und sie stattdessen René Wagner zeigte. Der Trainer kassierte zudem Gelb.

Kapitän Thomas Oehlrich zeigte sich davon unbeeindruckt. "Da habe ich schon ganz anderes erlebt", meinte er lächelnd. "So ein bisschen Gerangel gehört doch dazu." Allzu große Euphorie angesichts des Geleisteten und vor allem des vierten Platzes wollte bei "Oehle" indes nicht aufkommen. "Zwei Punkte sind da. Das war das Ziel", lautete sein nüchternes Fazit.

Leipzig: Galia; Schulz; Krechel; Dietzmann (6), Streitenberger (4/3); Baumgärtel (3); Oehlrich (8); Binder (2); Boese (7/1); Wagner (1); Riehn; Seitle (8); Telehuz; Emanuel; Wolf.

Bietigheim: Hacko; Welz; Haller (3); Bohnert (2); Kiebat (7/4); Knierim (3); Heuberger (2); Schäfer (4); Coors (4); Blodig (3); Hinz; Freudl (1); Zieker (2); Schulz (1).

Siebenmeter: Leipzig 4/5; Bietigheim 4/4.

Strafen: Leipzig 9 + rote Karte für Wagner + rote Karte für Streitenberger; Bietigheim 4.


Bietigheimer Zeitung

Zürn: "Das ist auswärts eine Kopfsache"
Bietigheimer Zweitliga-Handballer kassieren in Leipzig die siebte Saisonpleite in fremder Halle

Der Handball-Zweitligist SG BBM Bietigheim zeigt weiter zwei Gesichter. Starke Leistungen zu Hause wechseln sich mit schwachen Auswärtsauftritten ab. Gestern Abend gab es für das Zürn-Team beim SC DHfK Leipzig eine 32:39-Niederlage.

Die Handballer der SG BBM Bietigheim werden immer mehr zu einem Fall für den Psychologen, denn sie leiden offenbar unter einem ernsten Auswärtskomplex: Von den bisher acht Zweitliga-Spielen in der Fremde hat die Mannschaft von Trainer Jochen Zürn sieben verloren, hinzu kommt das frühe Pokal-Aus bei der SG Leutershausen. Jüngstes Beispiel war die gestrige 32:39-Schlappe beim Aufsteiger SC DHfK Leipzig.

"Die Leichtigkeit und Souveränität, die uns zu Hause auszeichnen, bringen wir auswärts nicht aufs Parkett. Das ist eine Kopfsache", sagte Coach Zürn und sprach von einer Abwärtsspirale: "Wir haben zu viele Auswärtsspiele verloren, das sitzt in den Klamotten. Mit jeder Niederlage wird die Verunsicherung größer und das Selbstvertrauen geringer. Jeder Spieler muss jetzt mal selbst mit sich ins Gericht gehen."

Dabei hatte das Gastspiel in Leipzig für die SG BBM gut begonnen. Dank einer starken Anfangsviertelstunde führten die Gäste mit 9:8 (16.). Doch dann häuften sich die Fehler und Unkonzentriertheiten, die die Sachsen eiskalt bestraften. Mit vielen Kontertreffern zog der SC DHfK bis zur Pause auf 20:15 davon. "Von den vielen Nadelstichen des Gegners in dieser Phase haben wir uns nicht mehr erholt", analysierte Zürn. Was Einsatz, Kampf und Einstellung anbelangt, konnte er seinen Schützlingen gestern nicht einmal einen Vorwurf machen. Denn trotz des Rückstands und der offenkundigen Unterlegenheit bäumten sich die Bietigheimer auch in der zweiten Hälfte immer wieder gegen die drohende Niederlage auf. Näher als auf vier Tore beim 32:36 zwei Minuten vor Schluss kam die SG BBM aber nicht mehr an Leipzig heran.

Zu den Aktivposten der Schwaben zählten die Rechtsaußen Christian Schäfer und Sebastian Knierim sowie Nico Kibat. Der Kapitän und Spielmacher war nach seiner auskurierten Oberschenkelverletzung mit sieben Treffern bester Bietigheimer Werfer. Am Ende stand dennoch eine verdiente 32:39-Pleite.

Erneut hat die SG BBM also einen Befreiungsschlag in der unteren Tabellenhälfte verpasst und sich vor einem Heimspiel in Zugzwang gebracht. "Ich würde mir große Sorgen machen, wenn wir unser Heimgesicht nicht hätten", erklärte Zürn, dessen Mannschaft nun am nächsten Samstag den Drittletzten VfL Bad Schwartau in der Bietigheimer Viadukthalle empfängt.

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