Stuttgarter Zeitung
Andreas Blodig nimmt das Steuer in die Hand
Handball Der Spiellenker aus Fellbach hat sich nach etwas Anlaufzeit beim Zweitligisten SG BBM Bietigheim als Verantwortungsträger etabliert. Der 24-Jährige darf neuerdings auch in der Abwehr mitmischen, was ihm sehr entgegenkommt. Von Gerhard Pfisterer
Andreas Blodig hat ein Gespür für das Spiel wie nur wenige Handballer. Der 24-Jährige im Trikot des Zweitligisten SG BBM Bietigheim ist etwa sehr feinfühlig, wenn es darum geht, einen Angriffszug zu beschleunigen oder zu entschleunigen. Dank der besonderen Gabe hat der flinke Fellbacher einst während seiner Jugendzeit schon nie ein Problem gehabt, auch eine Altersklasse höher gegen viel, viel größere Jungs mitzuhalten. Und nichts anderes macht der 1,80 Meter große Spielmacher jetzt in der zweiten Bundesliga, in der seine direkten Gegenspieler selten unter 1,90 Meter messen. "Er ist mittlerweile ein voller Verantwortungsträger bei uns in der Mannschaft", sagt der Bietigheimer Trainer Jochen Zürn (früher SV Fellbach).
Andreas Blodig hat sich seit seinem Wechsel vom Regionalligisten SG Haslach/Herrenberg/Kuppingen nach Bietigheim vor zweieinhalb Jahren stetig verbessert. "Das kommt allein durch das fast tägliche Training, hier in der Mannschaft haben alle etwas drauf", sagt der Fellbacher. In der Rolle des Spielgestalters wechselt er sich bei dem Zweitligisten mit dem 31-jährigen Ex-Juniorennationalspieler Nico Kibat ab, ist mittlerweile mehr als dessen bloßer Ersatzmann.
Zuletzt fehlte der Bietigheimer Kapitän aufgrund einer Oberschenkelzerrung - und Andreas Blodig nutzte diese Chance. Er bewies, dass er die Mannschaft auch über die gesamte Spielzeit hinweg führen kann. Zum 37:34-Heimsieg kürzlich gegen den TV Korschenbroich steuerte Andreas Blodig sogar zehn Treffer bei. "Da lief alles", sagt der 24-Jährige. "Und auch insgesamt läuft es bisher gut für mich." Über sich und seine eigenen (guten) Leistungen spricht er gar nicht so gerne. Dazu ist er zu bescheiden und zu sehr ein Spieler, für den das Team und dessen Erfolg über allem steht. Dafür stellt er sich in den Dienst der Mannschaft, setzt andere in Szene.
Selbst in hektischen Situationen bewahrt Andreas Blodig in der Regel den Sinn für die beste Lösung, das Auge für den Mitspieler. Er passt auch schon mal in aussichtsreicher Position weiter, weil sein Nebenmann noch freier steht. "Er unterstützt mich super, da greift ein Rädchen ins andere", sagt der Bietigheimer Torjäger Robin Haller über seinen selbstlosen Zuarbeiter. "Er bringt ganz andere Attribute mit als andere. Er ist super schnell und hat mittlerweile das nötige Selbstvertrauen gesammelt."
Andreas Blodig spielt jetzt auch in der zweiten Bundesliga so couragiert und bedenkenlos wie früher im Trikot des SV Fellbach in der Baden-Württemberg-Oberliga, als er zu einem der besten Akteure jener Klasse avancierte. Er scheut sich nicht mehr davor, das Bietigheimer Spiel nachhaltig zu lenken. "Der Andi ist einer, der das Steuer in die Hand nimmt, im richtigen Moment das Tempo anzieht oder wegnimmt und mit seiner Beweglichkeit auch für Tore gut ist", sagt Jochen Zürn. "Seine Rhythmuswechsel sind schon exzellent."
Das war auch am Freitag beim jüngsten Bietigheimer Auftritt vor 3250 Zuschauern in der Arena Ludwigsburg gegen den TV Neuhausen/Erms zu sehen. Obwohl er nur zwei Treffer selbst erzielte, überzeugte Andreas Blodig und hatte in seinen 50 Minuten Spielzeit maßgeblichen Anteil am 32:27-Erfolg des Tabellenzwölften gegen den Tabellenzweiten.
Es sind intelligente Aktionen, mit denen der Fellbacher, der Wirtschaftswissenschaften und Sport auf Lehramt studiert, sein Team positiv beeinflusst. Wenn er sich etwa bei einem schnellen Gegenzug in starker Bedrängnis nicht foulen lässt und eine Passstafette anzettelt, an deren Ende ein Tor für sein Team steht. "Er hat den nächsten Schritt gemacht und reißt die Verantwortung an sich. Er bietet uns eine sehr konstante, effektive Leistung an", sagt Jochen Zürn. "Mit seiner Art, das Spiel zu führen, ist er ein absoluter Juwel für uns."
Mittlerweile hat sich Andreas Blodig auch in der Abwehr so weit verbessert, dass ihm der Trainer mit der Fellbacher Vergangenheit auch als Verteidiger auf der Außenposition vertraut. Das wiederum hilft dem 24-Jährigen, weil er so das Angriffsspiel von hinten heraus anziehen kann. Er beschleunigt die Gegenzüge - oder entschleunigt das Spiel bei Bedarf auch mal feinfühlig.