Stuttgarter Nachrichten
"Bei der Hymne hatte ich Tränen in den Augen"
DasLob kommt von einem, der weiß, wie man im Handball Karriere macht: "Wenn Patrick Zieker will, hat er eine ganz große Zukunft vor sich", sagt kein Geringerer als der Weltmeister Christian Schwarzer, der als Jugendkoordinator beim Deutschen Handballbund auch für die Deutsche Jugend-Nationalmannschaft zuständig ist. Genau dorthin hat es der 16-jährige Patrick Zieker, der das Handballspielen bei der HG Steinheim-Kleinbottwar gelernt hat, inzwischen geschafft.
Für Patrick Zieker ging mit der Berufung ins Nationalteam ein Traum in Erfüllung. "Als die Nationalhymne gespielt wurde, habe ich Tränen in den Augen gehabt", erzählt er. In der ersten Begegnung gegen Österreich sei alles glatt gelaufen, man sei stets in Führung gelegen. "Beim zweiten Spiel war dann irgendwie der Wurm drin", meint Zieker.
Um sich in der Nationalmannschaft zu etablieren, nimmt der 16-Jährige sogar einen ungewöhnlichen Positionswechsel auf sich: Während er im B-Jugendteam der SGBBM Bietigheim normalerweise als Spielmacher im Rückraum agiert, weicht er im Auswahlteam auf Linksaußen aus. Das hat mit Patrick Ziekers Körpergröße zu tun, obwohl diese mit 1,86 Meter bei 83Kilogramm schon stattlich ist. "In der Nationalmannschaft spielen im Rückraum Spieler mit 95 Kilogramm und von allen Akteuren bin ich der Kleinste", erklärt der Bottwartäler, der einer von nur zwei Spielern des jüngeren Jahrgangs 1993 ist. Gewöhnungsprobleme hat Patrick Zieker auf Linksaußen nicht: "Die Position ist mir nicht fremd, ich fühle mich wohl dort", sagt er. Der anspruchsvolle Fraatz-Dreher ist nur einer der Würfe aus seinem Repertoire. Nationaltrainer Christian Schwarzer zeigt sich von Zieker sehr angetan: "Er hat alle Stärken, die ein Außenspieler braucht: Sprungkraft, Wurfvarianten, Schnelligkeit und ein gutes 1:1-Verhalten", lobt er. Dass Patrick Zieker von seiner angestammten Position im Rückraum nach außen ausweichen muss, hat auch schon der ehemalige HVW-Auswahltrainer Kurt Reusch prophezeit: "Auch auf Halblinks wird es schwer für ihn. Aber auf Linksaußen kann er ganz nach oben kommen".
Diese Einschätzung teilt auch Ziekers Vereinstrainer Severin Englmann. "Flexibilität ist am Anfang einer Karriere von Vorteil. Wenn Patrick Zieker seinen Weg weiter geht, hat er das Potenzial für die erste Bundesliga und ist als deutscher Spieler dann auch ein Kandidat für die Nationalmannschaft", glaubt er. Der SG-Jugendkoordinator Englmann bescheinigt Patrick Zieker, vor allem seine Spielfähigkeit und sein Abwehrverhalten verbessert zu haben. "Die Entwicklung, die er genommen hat, ist kein Zufall", betont Englmann, der den 16-Jährigen im Verein sowohl im Rückraum als auch auf Linksaußen einsetzt.
Und auch das mit Erfolg: Als Kapitän der B-Jugend der SG BBM Bietigheim hat Patrick Zieker die Mannschaft zum württembergischen Meistertitel geführt. Dadurch qualifizierte sich das Team für die Finalrunde zur süddeutschen Meisterschaft, in der sich die SG BBM nach Erfolgen gegen die HSG Konstanz (40:30) und Concordia Delitzsch (32:28) in zwei Endspielen mit der SG Pforzheim/Eutingen misst. Delitzschs Trainer Jens Pardun zog vor der Leistung von Patrick Zieker den Hut: "Einen solchen Spieler kann man nicht ausschalten, sondern selbst mit Manndeckung nur einengen", kapitulierte dieser. Einigermaßen gelang dies der SG Pforzheim/Eutingen, die die SG BBM im ersten Finale um die süddeutsche Meisterschaft mit 32:27 bezwang.
Vor dem Rückspiel am kommenden Wochenende bereitet sich der 16-Jährige in dieser Woche mit der deutschen Jugend-Nationalmannschaft bei einem Vier-Länder-Turnier in der Schweiz auf die EM-Qualifikation vor, bei der Luxemburg, Portugal und Bosnien-Herzogowina die Gegner sind. "Die EM wäre echt ein Highlight", freut sich Patrick Zieker, der nach seinem 17. Geburtstag im kommenden Dezember auch ins Zweitliga-Team der SG BBM Bietigheim aufrücken soll. Probleme mit der Schule hat das Handballtalent trotz der hohen zeitlichen Belastung nicht. "Ich mache, was ich machen muss", sagt er. Volle Unterstützung erhält er dabei von Vater Jürgen Zieker: "Versetzungsgefährdet ist er nicht und so eine Chance wie jetzt kriegt man nur einmal im Leben", sagt er.